Nachricht vom 13. Dezember 2021
Koalitionsvertrag: Welche Rolle spielt Bildung im Alter?
Aktuell nimmt die neue Bundesregierung ihre Arbeit auf. Grundlage sind 177 Seiten Koalitionsvertrag. Als Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“ haben wir genau hingeschaut, was sich die neue Regierung in Bezug auf das Thema Förderung von Bildung im Alter vorgenommen hat.
Den Koalitionsvertrag können Sie selbst hier einsehen.
Zu „Senioren“ direkt finden sich diese 8 Zeilen im Vertrag, die immerhin auch „Bildungs- und Begegnungsangebote“ enthalten:
“Erfahrungen und Kompetenzen älterer Menschen sind für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Wir wollen, dass Menschen im Alter selbstbestimmt in ihrem frei gewählten Umfeld leben können. Wir werden seniorengerechte Ansätze auf allen staatlichen Ebenen und im digitalen Raum fördern. Dabei geht es u. a. um Partizipation, Engagement, soziale Sicherung, Alltagshilfen, Wohnen, Mobilität, Gesundheitsvorsorge, Bildungs- und Begegnungsangebote und die Überwindung von Einsamkeit. Wir werden ältere Menschen vor Diskriminierung und vor finanzieller Ausbeutung – insb. durch Vorsorgevollmachten – schützen. Die gemeinnützigen Wohlfahrtsverbände sind eine wichtige Stütze der Daseinsvorsorge, wir wollen für sie weiterhin verlässliche Partner sein.” (Z. 3427-3435, S. 102-103)
Alle folgenden Textstellen beziehen sich auf „Bildung für alle“ oder die „Erwachsenenbildung“. Hier wären ja ältere Menschen durchaus auch zu verorten, wenngleich sie dabei in der Vergangenheit weitestgehend ausgeklammert wurden.
So soll eine neue Kultur der Bildungszusammenarbeit zwischen Bund und Ländern gefunden werden, auch um überall in Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen:
“Wir streben eine engere, zielgenauere und verbindliche Kooperation aller Ebenen an (Kooperationsgebot). Die örtliche Umsetzungskraft der Schulträger, die Kultushoheit der Länder und das unterstützende Potenzial des Bundes wollen wir dafür zu neuer Stärke vereinen und eine neue Kultur in der Bildungszusammenarbeit begründen. (…) Gemeinsam mit den Ländern wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, gemeinsam gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und Qualität, Leistungsfähigkeit und Weiterentwicklung des Bildungswesens zu stärken. Soweit erforderlich, bieten wir Gespräche über eine Grundgesetzänderung an.” (Z. 3145-3156, S. 94)
Dies bietet Anknüpfungspunkte, auch nationale Bildungsstrategien für die nachberufliche Lebensphase zu entwickeln und die unterdurchschnittlichen Bildungsgelegenheiten für Ältere im Norden und Osten der Republik auszugleichen. Ebenfalls wird der Kritik Rechnung getragen, dass sich bestehende Strategien, wie die „Nationale Weiterbildungsstrategie“ allein auf berufliche Bildung fokussieren und die allgemeine Erwachsenenbildung oder auch Bildung im Alter bisher ausklammern:
„Die Nationale Weiterbildungsstrategie wollen wir mit einem stärkeren Fokus auf die allgemeine Weiterbildung fortsetzen. Wir wollen die politische Bildung und die Demokratiebildung entlang der Bildungskette stärken, die Projektmittel der Bundeszentrale für politische Bildung erhöhen und die Unabhängigkeit ihrer Arbeit achten. Den Nationalen Aktionsplan zur Bildung für nachhaltige Entwicklung wollen wir in allen Bildungsphasen und -bereichen bundesweit verankern und deutlich stärken.” (Z. 3254-3263, S. 97-98)
Des Weiteren sollen bestimmte Orte der Bildung aufgewertet und gefördert werden, die ebenfalls Orte der Bildung für ältere Menschen sind:
„Mit einem Förderprogramm für Volkshochschulen und andere gemeinnützige Bildungseinrichtungen investieren wir in digitale Infrastruktur. Die Umsatzsteuerbefreiung für gemeinwohlorientierte Bildungsdienstleistungen wollen wir europarechtskonform beibehalten. Wir werden Angebote zur Alphabetisierung ausbauen. (…) Mögliche Förderlücken wollen wir schließen.“ (Z. 3248-3254, S. 97)
“Sport lebt vom Ehrenamt, stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ist Mittler für demokratische Werte. Wir erarbeiten unter breiter Beteiligung einen „Entwicklungsplan Sport“ und weiten die Offensive für Investitionen in Sportstätten von Kommunen und Vereinen unter Beachtung von Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit und Inklusion aus und berücksichtigen insbesondere Schwimmbäder stärker. Bei der Sportförderung berücksichtigen wir den besonderen Bedarf von Behindertensport.” (Z. 3800-3805, S. 113)
“Wir wollen öffentliche Bibliotheken als dritte Orte stärken und Sonntagsöffnungen ermöglichen.” (Z. 4126, S. 122)
“Wir unterstützen Initiativen zur Schaffung von Orten im ländlichen Raum, die Angebote bspw. der Nahversorgung, der Kultur, Bildung und Gesundheitsdienstleistungen bündeln (Dienstleistungszentren, Gemeinschaftshäuser, Dorfbüros).” (Z. 4356-4358, S. 129)
Auch in der angekündigten Verbraucherbildung werden ältere Menschen hoffentlich mitgedacht:
“Wir gewährleisten hohe Verbraucherschutzstandards. Dazu gehören eine umfassende Verbraucherbildung, mehrsprachige Aufklärung und der situationsgerechte Zugang zu Informationen. Die Finanzierung der Stiftung Warentest und des Verbraucherzentrale Bundesverbands passen wir entsprechend dem gestiegenen Bedarf bezüglich kollektiver Rechtsdurchsetzung, Marktbeobachtung und Verbraucherbildung an.” (Z. 3756-3761, S. 112)
Schließlich wird in Bezug auf ältere Migrantinnen und Migranten angekündigt:
“In Anerkennung ihrer Lebensleistung wollen wir die Einbürgerung für Angehörige der sogenannten Gastarbeitergeneration erleichtern, deren Integration lange Zeit nicht unterstützt wurde, indem wir für diese Gruppe das nachzuweisende Sprachniveau senken. Zudem schaffen wir eine allgemeine Härtefallregelung für den erforderlichen Sprachnachweis.“ (Z. 3982-3985, S. 118)
Wünschenswert wäre hier dennoch auch, dass es endlich kostengünstige, zweitsprachengeragogische Angebote zum Deutschspracherwerb gäbe, die die selbstständige Lebensführung im Alltag verbessern (vgl. Stiel 2011).
Fazit: Insgesamt betrachtet steht das Thema Bildung im Alter – erwartungsgemäß – bisher nicht im Fokus der Ampelregierung. Ältere Menschen könnten aber von manchen Maßnahmen zur Förderung der Erwachsenenbildung mit profitieren. Der Koalitionsvertrag bietet Anknüpfungspunkte, die Bildungsverantwortliche und politisch Verantwortliche vor Ort nutzen können, das Thema voranzubringen und zunehmend auf die politische Agenda zu setzen. Dazu wird die BAGSO auch zu Beginn 2022 ein Positionspapier „Bildung im Alter“ formulieren.
Dies war ein Blick auf Bildung im Alter im Koalitionsvertrag. Mehr enthält der Vertrag natürlich zu den Bereichen Ehrenamt/Engagement und auch Digitalisierung. Dies werden wir in kommenden Artikeln näher beleuchten.
Praxisbeispiele
Lernen Sie von den praktischen Erfahrungen anderer und lassen Sie sich inspirieren. Wir zeigen Ihnen verschiedene Beispiele, wie Bildung im Alter gelingt.
Übersicht der Praxisbeispiele - interner Link Öffnet den Link in einem neuem Fenster
Wussten Sie schon?
Nicht für die Schule, fürs Leben lernen wir! Dieser Satz geht auf den Philosophen Seneca zurück, der vor über zweitausend Jahren lebte. Es ist erstaunlich, dass dieses Thema in den Schulen immer noch brandaktuell ist.