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Eine ältere Frau mit einem jungen Lehrer der Klavier spielt. Im Hintergrund ist ein Chor zu sehen.

Nachricht vom 17. Mai 2023

Kulturelle Bildung im Alter: 10 Schritte zur Umsetzung von Projekten vor Ort

Im ersten Artikel zum Schwerpunktthema der „kulturellen Bildung im Alter“ haben wir den Begriff der kulturellen Bildung definiert und erklärt, warum sie besonders für ältere Menschen von großer Bedeutung für die persönliche Entwicklung, die gesellschaftliche Teilhabe sowie die aktive Gestaltung der Umwelt ist.

Nun wollen wir uns der Frage widmen, wie Kommunen, Städte, Organisationen oder Senioreneinrichtungen kulturelle Bildungsprojekte auf die Beine stellen können. Was können Sie vor Ort möglichst niedrigschwellig initiieren? Wo erhalten Sie die dafür nötige Unterstützung?

Wir haben versucht, die Vielzahl an Empfehlungen auf 10 effektive Schritte herunterzubrechen, an denen Sie sich bei der Umsetzung orientieren können:

 

1. Recherchieren Sie die Bedarfe und Interessen älterer Menschen in deiner Stadt oder Kommune. Eine Möglichkeit hierfür sind Umfragen oder Gespräche mit älteren Menschen in Ihrem Umfeld oder in Seniorengruppen. Fragen Sie sich auch, welche Art von Angeboten Sie bereitstellen möchten, beispielsweise Vorträge, Workshops, Kurse oder kulturelle Veranstaltungen. Denken Sie daran, verschiedene Zielgruppen miteinzubeziehen. Ältere Menschen sind so divers wie keine andere Altersgruppe. Schauen Sie, was es vor Ort bereits gibt, an das sie ggf. andocken könnten und für wen Angebote fehlen.

 

2. Kulturelle Bildung eignet sich besonders gut, um neue Zielgruppen zu erreichen und den Austausch zwischen Generationen, kulturellen Prägungen, unterschiedlichen Sprachen oder besonderen Lebensphasen herzustellen. Schauen Sie über den Tellerrand hinaus und sprechen Sie gezielt verschiedene Zielgruppen an. Vielleicht können ältere Damen jungen Vätern beim Basteln für den Muttertag helfen, vielleicht besuchen Jung und Alt gemeinsam ein Konzert und tauschen sich hinterher darüber aus. Gehen Sie neue Wege, dafür ist Kunst und Kultur doch da! Achten Sie dabei auch auf die Zusammensetzung der Menschen im Umfeld, in dem das Angebot stattfinden soll.

 

3. Suche nach Partnern und Kooperationspartnern, um das Angebot zu erweitern und zu stärken. Hierfür können Sie beispielsweise bei Bildungseinrichtungen, Kultureinrichtungen, sozialen Trägern oder lokalen Vereinen in Ihrer Stadt/Kommune nachfragen. Suchen Sie nach geeigneten Referenten und Referentinnen, die die geplanten Veranstaltungen leiten und durchführen können. In bereits bestehenden Kultureinrichtungen gibt es viele Experten und Expertinnen, die Sie zu bestimmten Themen einladen können. Bei einem musikalischen Angebot empfiehlt es sich z. B. die örtliche Musikschule anzufragen. Achten Sie darauf, bei Angeboten, für die Menschen extra eine Ausbildung absolviert haben, auch ein entsprechendes Honorar anzubieten. Sollten Sie weniger Budget haben schauen Sie welche Organisationen ehrenamtlich arbeiten oder wo Sie Fähigkeiten der Personen in Ihrem Umfeld nutzen können. Bei größeren Kulturprojekten sollten Sie sich ggf. die Unterstützung mehrerer Teammitglieder oder Organisationen suchen. So kann jemand die Räumlichkeiten beisteuern, eine Person die Inhalte und die Umsetzung und eine dritte Person die Kommunikation mit der Zielgruppe.

    • TIPP: Achten Sie darauf, nicht nur Angebote FÜR, sondern auch MIT älteren Menschen anzubieten: Nutzen Sie dabei gezielt das Potential der älteren Generation! Jeder Mensch hat eine Leidenschaft, vor der er oder Sie berichten und sie ggf. sogar vermitteln kann. Ob es das gemeinsame Malen auf Leinwand oder der kulinarische Abend mit Rezepten aus der eigenen Kindheit oder die Karnevalsparty mit kölschen Gesang wird. Wichtig ist, dass Sie Fragen stellen, zum Mitmachen anregen und das Selbstbewusstsein vermitteln, die eigene Erfahrung mit anderen Menschen zu teilen!

 

4. Suche nach geeigneten Räumlichkeiten, in denen die Veranstaltungen stattfinden können, beispielsweise in Seniorenzentren, Volkshochschulen, Mehrgenerationenhäusern, Schulen, Kitas, Bürgerzentren, Universitäten, Kirchen, Bibliotheken oder kulturellen Einrichtungen. In den meisten Städten gibt es eine Vielzahl öffentlicher Einrichtungen, die Ihre Räumlichkeiten gerne zur Verfügung stellen. Fragen lohnt sich, denn auch die Bibliothek oder ein Café um die Ecke kann von Ihrem Angebot durch einen höheren Zulauf profitieren. Vielleicht ist es auch gar nicht notwendig das Programm drinnen durchzuführen, sondern Sie bieten ein offenes Angebot im Park oder auf der Straße an. Achten Sie für ältere Menschen jedoch auf Barrierefreiheit oder bieten Sie ggf. Unterstützung bei der Anreise an. Hier kann sich eine Kooperation mit Sozialträgern, Altenhilfeeinrichtungen etc. lohnen, da diese bereits häufig die entsprechende Ausstattung der Räumlichkeiten oder Fahrzeuge für einen Krankentransport etc. besitzen.

 

5. Machen Sie sich eine Liste, welche Materialien, Räumlichkeiten etc. Sie benötigen und welche Kosten auf Sie zukommen werden. Informieren Sie sich über Fördermöglichkeiten und Zuschüsse, beispielsweise von der Stadt oder der Kulturbehörde, um die Finanzierung des Projekts sicherzustellen. Vielleicht lassen sich auch Spenden für die Umsetzung Ihres Angebotes sammeln, oder Sie suchen einen Sponsor. Besonders ortsansässige Unternehmen und Initiativen (wie die Sparkasse, Rewe oder der Lions-Club) sind hier gute Ansprechpartner, die gerne soziale Projekte unterstützen, wenn sie im Gegenzug als Sponsor genannt werden. Ggf. können Sie auch direkt bei Unternehmen nach Sachspenden fragen. Bei größeren Projekten lohnt es sich Fördergelder z. B. über Kulturfonds und Kulturförderungen des jeweiligen Bundeslandes zu beantragen. Mehr Informationen dazu gibt es auf den jeweiligen Websites der Bundesländer. Einige Bundesländer bieten auch eine spezielle Kulturförderberatung:

Weitere bundesweite Förderprogramme sind hier zu finden: Bundesweite Förderprogramme – Weitere Kulturförderung | Kultur macht stark (kulturmachtstark-sh.de) (Achtung, einige der dort genannten Förderungen richten sich nur an Projekte mit Kindern und Jugendlichen. Viele davon können richten sich aber an Kulturprojekte für alle Altersgruppen).

 

6. Erstellen Sie einen Zeitplan und legen Sie Termine für die Veranstaltungen und/oder Treffen der Projektgruppe fest. Definieren Sie Meilensteine: was soll bis wann erreicht werden? Welche Zwischenschritte gibt es? Dann können Sie sich bei der Umsetzung an diesen Aufgaben entlanghangeln. Wichtig ist auch: Sie müssen nicht alles alleine machen. Definieren Sie klare Aufgabenbereiche und geben Sie die Zuständigkeit dafür an Kooperationspartner oder auch die älteren Menschen selbst ab. Wie sehr das geht, hängt viel von der Größe und den Zielgruppen des Kulturangebotes ab. Z.B. kann einer der Teilnehmenden immer die Aufgabe bekommen den Raum schön herzurichten oder eine Teilnehmerin geht für alle Snacks kaufen und bringt sie mit.

 

7. Erstellen Sie Werbematerialien, ein Programm und eine Übersicht über die geplanten Veranstaltungen, um diese gezielt zu bewerben und Teilnehmer zu gewinnen. Stellen Sie sich dabei die Frage, wen Sie erreichen wollen und wo die Zielgruppe anzutreffen ist. Achten Sie darauf, bei Ihrer Ausschreibung keine geschlechtsspezifischen Klischees oder Vorurteile über ältere Menschen oder zu verwenden, das schreckt ab. Beleuchten Sie stattdessen die Ziele und den Mehrwert der Veranstaltung für die Teilnehmenden. Mögliche Wege für die Öffentlichkeitsarbeit für ältere Menschen sind z.B.

    • Flyer oder Plakate an öffentlichen Orten auslegen (z. B. in Kirchen, Verwaltungsgebäuden, in Arztpraxen, in Büchereien, öffentlichen Verkehrsmitteln, etc.)
    • Zeitungsannoncen und Anzeigen in lokalen Medien, Seniorenzeitschriften und -ratgebern
    • Artikel auf der eigenen Website oder den Websites der Kooperationspartner
    • Kirchenblätter oder Verbandszeitschriften
    • Unterschätzen Sie nicht die Mund-zu-Mund-Propaganda im eigenen Dorf/Viertel! Überlegen Sie, welche Schlüsselpersonen Sie für Ihre Projektidee begeistern müssen. Diese kennen meist so viele Menschen, dass sich das Wissen um Ihr Projekt automatisch verbreitet (z.B. der oder die örtliche Busfahrerin, der Arzt oder die Ärztin, zu der alle gehen oder aber der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin)

 

8. Schaffen Sie eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Richten Sie die Räumlichkeiten für das Angebot schön her, indem Sie z. B. Tischdeko mitbringen, Kekse kaufen oder Kaffee und Tee bereitstellen. Menschen kommen lieber, wenn sie sich wohlfühlen und wertgeschätzt werden. Daher ist es auch wichtig ein positives Umfeld zu schaffen, in dem ausprobiert werden kann und Fehler gemacht werden dürfen. Achten Sie darauf, dass die Teilnehmenden miteinander ins Gespräch kommen und sich kennenlernen können. Dafür können auch kleine Kennenlernspiele gespielt werden oder Sie sorgen für einen regen Austausch in Kleingruppen. Begegnen Sie Ihren Teilnehmenden immer auf Augenhöhe und lassen Sie sich nicht stressen, wenn nicht alles nach Plan läuft oder länger dauert als geplant. Der Weg ist das Ziel und das Ziel kann jederzeit angepasst werden, wenn es anders mehr Spaß macht. Das ist ja das Tolle an der Bildungsarbeit im Alter!

 

9. Nun ist es endlich so weit, Ihr kulturelles Bildungsangebot beginnt! Haben Sie Spaß und tauschen Sie sich aus. Es muss nicht alles perfekt laufen oder optimal geplant sein, um ein Erfolg zu werden. Sie können Ihr Projekt hinterher jederzeit noch verbessern. Lassen Sie sich nicht von zu viel Planungsaufwand abhalten, oft ist der wichtigste Schritt das Beginnen!

 

10. Mit Start Ihres Angebotes ist die Arbeit aber noch nicht ganz vorbei. Notieren Sie sich, was sie beim nächsten Mal wieder so oder anders machen würden. Hohlen Sie sich die Rückmeldungen der Teilnehmenden ein und passen Sie das Angebot entsprechend der Wünsche und Bedürfnisse an. Fragen Sie gerne auch nach nützlichen Ideen oder Fertigkeiten, die Sie bei Ihrer Arbeit das nächste Mal unterstützen könnten (s.o.). Bitten Sie ggf. auch Ihre Teilnehmenden in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis von Ihrem Angebot zu berichten. So bauen Sie sich langsam ein Netzwerk auf.

 

Wenn Sie sich für Ihr kulturelles Bildungsangebot mit diesen zehn Schritten befasst haben, haben Sie eine tolle Grundlage geschaffen, damit Ihre Arbeit ein Erfolg wird. Sie wissen noch nicht, was genau Sie anbieten wollen und suchen nach Inspirationen? In den nächsten Wochen werden wir Ihnen hier auf Wissensdurstig auch einige Kulturprojekte von und mit älteren Menschen vorstellen, die besondere Arbeit leisten. Holen Sie sich hier gerne Inspiration für Ihre nächste Veranstaltung.

Wir wünschen Ihnen auf Ihrem Weg alles Gute und viel Erfolg!

Praxisbeispiele

Lernen Sie von den praktischen Erfahrungen anderer und lassen Sie sich inspirieren. Wir zeigen Ihnen verschiedene Beispiele, wie Bildung im Alter gelingt.

Übersicht der Praxisbeispiele - interner Link Öffnet den Link in einem neuem Fenster

 

 

Wussten Sie schon?

Nicht für die Schule, fürs Leben lernen wir! Dieser Satz geht auf den Philosophen Seneca zurück, der vor über zweitausend Jahren lebte. Es ist erstaunlich, dass dieses Thema in den Schulen immer noch brandaktuell ist.

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