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©Vadi Fuoco_AdobeStock 573585027 Welches Altersbild löst dieses Foto in Ihnen aus? Vermittelt es den Eindruck eines lerninteressierten und lernfähigen Menschen?

Nachricht vom 23. März 2023

Altersbilder: Wie wir uns das Alter vorstellen und was das mit Lernen zu tun hat

Welche Vorstellung verbinden Sie mit dem Alter? Ist es das Bild eines aktiven, selbstständigen Menschen, der im Leben steht und die Zeit mit erfüllenden Tätigkeiten verbringt? Oder verbinden Sie das Alt sein mit sozialem Rückzug, gesundheitlichen Beschwerden und Hilfsbedürftigkeit? In unserer Gesellschaft bestehen verschiedene Alternsbilder. Sie beeinflussen unsere persönlichen Vorstellungen vom Alter – aber auch, wie wir selbst mit altersbedingten Veränderungen umgehen. Und sie spielen eine Rolle, wie wir uns älteren Menschen gegenüber verhalten.

Das Älterwerden ist ein von der Geburt bis zum Tod verlaufender Prozess. Dabei entwickeln sich Menschen unterschiedlich, zum Beispiel hinsichtlich des Lebensstils, sozialem Verhalten, Interessen, Lernbereitschaft, Gesundheitszustand, Einkommen etc. Altersbilder haben einen großen Einfluss auf den Prozess des Alterns und die Verwirklichung von Entwicklungsmöglichkeiten im Alter. Es spielt dabei eine große Rolle, wie ältere Menschen in Altersbildern dargestellt und wie diese Bilder individuell wahrgenommen werden.

 

Was genau sind eigentlich Altersbilder?

Altersbilder sind bestimmte Vorstellungen einer Person vom Alter: Vom Zustand des Alt-seins, vom Prozess des Älterwerdens oder von älteren Menschen als soziale Gruppe. Auch in der Gesellschaft existieren bestimmte Vorstellungen darüber. Sie bestehen aber nicht von Natur aus, sondern es sind soziale Konstruktionen, die durch das Zusammenleben der Menschen in ihren Lebenswelten (Settings) entstehen.

Altersbilder spiegeln sich in Meinungen und Einstellungen wider, die zwischen Menschen geteilt werden. Sie werden häufig über Bilder, also visuelle Darstellungen älterer Menschen, transportiert. Dabei werden ältere Frauen und Männer oft auf eine bestimmte Weise darstellt: allein sitzend, passiv. Auf der anderen Seite werden auch „positive“ Klischees wie aktiv, durchtrainiert und fit nur allzu oft bedient. Besser wäre es, Menschen zu zeigen, mit denen man sich gerne identifiziert. Echte Menschen – die ihr Leben leben, in all ihrer Vielfalt.

Auch die Sprache ist ein wichtiges Medium für Altersbilder. So finden wir Klischees und Vorurteile manchmal in der alltäglichen Kommunikation wieder. Deutlich wird dies z.B., wenn mit alten, pflegebedürftigen oder von Demenz betroffenen Menschen in vereinfachter, kindlicher Sprache gesprochen wird, anstatt in wertschätzender Kommunikation. Auch in gebräuchlichen Redewendungen werden negative Wirkungen das Alter betreffend vermittelt, z.B. „Was man in der Jugend nicht lernt, lernt man im Alter niemals.“ Die Vorstellung, als alter Mensch nicht mehr lernfähig zu sein, ist aber nicht richtig. Jeder Mensch ist jedoch bis ins hohe Alter in der Lage, sich mit Neuem auseinanderzusetzen. Lebenslanges Lernen ist sogar ein wichtiger Schlüssel für ein aktives, selbstbestimmtes Leben im Alter.

 

Welche Wirkungen haben Altersbilder?

Altersbilder sind oft von Vorurteilen und vereinfachten Vorstellungen geprägt. Negative Altersbilder beeinflussen unser Verhalten im Umgang mit alten Menschen. Wer die Meinung hat, dass Alter vor allem mit Gebrechlichkeit, Krankheit, Einsamkeit und geistigem Abbau verbunden ist, wird sich im Alltag in persönlichen Kontakten mit alten Menschen eher dessen Defizite sehen.

Derartige Vorurteile machen es alten Menschen schwerer, ihre vorhandenen Potenziale zu nutzen und ein eigenverantwortliches, selbstständiges Leben zu führen. Wenn sich ältere Menschen selbst an diese Vorurteile anpassen, werden diese auch eher eintreten („selbsterfüllende Prophezeiung“).

Zum Beispiel, wenn Lehrpersonen in lernwilligen Senioren und Seniorinnen nur ein negatives Altersbild sehen und entsprechend schnell auf Fehler reagieren, während Erfolge weniger benannt werden. Aus dieser Einstellung heraus wird der Stillstand des Lernens unbewusst unterstützt bzw. ein Bedürfnis nach einer positiven und wertschätzenden Lernatmosphäre der alten Menschen zu wenig beachtet.

Zudem negative Altersbilder verdecken zum Teil auch die Tatsache, dass fehlende Bildung oder positive Bildungserfahrungen häufig durch gesellschaftliche Umstände entstanden sind wie z.B. fehlende Geldressourcen, familiäre Verpflichtungen oder kulturelle Barrieren. Dies ist besonders häufig der Fall, wenn Menschen mehreren Diskriminierungsformen zur gleichen Zeit ausgesetzt sind (also „Alt mit Einwanderungsgeschichte“ oder „Alt mit Behinderung“).

 

Warum Altersbilder das Lernen im Alter beeinflussen

„Ageism“, also die soziale und/oder ökonomische Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Lebensalters, kann grundsätzlich alle Altersgruppen betreffen. Negative Stereotype und fragwürdige Rollenklischees gegenüber älteren Menschen sind dabei leider weit verbreitet. Das zeigt auch die Studie „Ageismus – Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland“ die im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes durchgeführt wurde. Erfahren Menschen Diskriminierung, erschwert das die volle Beteiligung am gesellschaftlichen Leben, aber auch an Bildungsangeboten. Altersdiskriminierung ist ein Risiko, dem Einzelne im Verlauf ihres Lebens immer wieder ausgesetzt sein können. Beispiele für Altersdiskriminierung und negative Altersbilder sind:

  • Förderungen/Stipendien werden nur für bestimmte Altersgruppen vergeben.
  • Ältere Menschen werden als nicht mehr lernwillig oder leistungsfähig eingestuft.
  • Ältere Menschen werden von politischen Aufgaben oder ehrenamtlichen Tätigkeiten ausgeschlossen.

Dem gegenüber zeigen wissenschaftliche Untersuchungen die Vorteile eines positiven Altersbildes. Ältere Menschen mit einer positiven Sicht auf das Alter und einem positiven Selbstbild trauen sich mehr zu, bleiben körperlich aktiver oder beteiligen sich öfter an sozialen Aktivitäten, als Menschen mit einem negativen Selbstbild. Ein positives Bild vom Alter ist auch mit einer höheren Lebenserwartung verbunden.

Vorurteile und negative Altersbilder wirken sich folglich auch auf das Lernen im Alter negativ aus: fehlendes Vertrauen in die eigene Lernfähigkeit und negative Resonanz vom persönlichen Umfeld können große Hemmnisse darstellen: Oder würden Sie freiwillig eine neue Sprache lernen oder einem Sportverein beitreten, wenn von außen für Ihr Ziel nur Kritik und Spott ernten oder an Ihren eigenen Fähigkeiten zweifeln?

 

Sind positive Altersbilder also die Lösung?

So wichtig es ist, negative Deutungen des Alterns infrage zu stellen und positive Deutungen zu stärken, welche die Potenziale und die Produktivität des Alters betonen, so darf dies nicht zur Konsequenz haben, dass nur noch positive Bilder vermittelt werden dürfen. die Vielfalt von Altern umfasst Veränderungen, die als Gewinn erlebt, wie auch Veränderungen, die als Verlust verstanden werden können. Es sollten deswegen nicht einfach negativ konnotierte Altersbilder durch positiv konnotierte Altersbilder ersetzt werden. Vielmehr braucht die Verschiedenartigkeit des Alters auch differenzierte Altersbilder, welche die Vielfalt des Alterns so abbilden, dass der gesellschaftliche Diskurs über Altersbilder die Inklusion aller älteren Menschen befördert.

Um die Gesundheit, Unabhängigkeit und Lernbereitschaft im Alter zu erhalten und zu fördern, ist auch eine individuelle Sicht auf die Bedürfnisse, Interessen und Fähigkeiten und Lebenssituation eines Menschen notwendig. Es ist wichtig anzuerkennen, dass die „alten Menschen“ nicht eine homogene Gruppe sind, sondern die individuellen Unterschiede mit zunehmendem Alter an Bedeutung gewinnen.

 

Wie muss Bildung im Alter gestaltet sein, um ein realistisches Altersbild zu transportieren?

Das Alter kann als ein Lebensabschnitt gesehen werden, in dem neues ausprobiert und gelernt werden kann. Da viele Bildungsangebote im Alter nicht mehr in einem schulischen oder beruflichen Kontext stattfinden, ist Lernen ohne Leistungsdruck und frei von Versagensängsten möglich. Es gibt in den meisten Kontexten keine verpflichtenden Prüfungen oder finanzielle Konsequenzen, wenn etwas nicht geschafft wird. Stattdessen ist Zeit, sich mit allem zu beschäftigen, was einem Spaß macht und einen erfüllt. Daher ist es ratsam, Möglichkeiten zur Mitbestimmung oder eine individuelle Ausrichtung der Angebote an den jeweiligen Bedürfnissen zu schaffen. Die Lernenden werden zu aktiven Akteuren ihrer eigenen (Weiter-)Bildung.

 

Damit das gelingt, haben wir 5 Tipps für die Bildungsarbeit frei von negativen Altersbildern gesammelt:

  1. Starten Sie den Prozess schon vor der ersten Veranstaltung, nämlich in der Vorbereitung und Bewerbung Ihres Bildungsangebotes: Zunächst sollten Sie sich als Anbieter einer Bildungsveranstaltung ihrer eigenen Stereotype und Vorurteile bewusst werden und darauf achten, dass diese nicht bereits die Organisation und Öffentlichkeitsarbeit Ihres Bildungsangebotes beeinflussen. Nutzen Sie vielseitige Fotos, mit denen Menschen sich identifizieren können. Versuchen Sie defizitorientierte oder zu exkludierende Begriffe weitestgehend zu vermeiden und benennen Sie viel mehr klar Voraussetzungen, Inhalte und Wirkungen Ihres Angebotes.
  2. Schätzen Sie schon vorhandenes Wissen & Erfahrungen und nutzen es, um darauf aufzubauen: beziehen Sie die älteren Menschen bei der Planung Ihrer Inhalte mit ein und bieten Sie lediglich den richtigen Rahmen, um individuelles und kompetenzorientiertes Lernen zu ermöglichen. Berücksichtigen, Sie was und wofür die Lernenden lernen wollen und fördern Sie den Erfahrungs- und Wissensaustausch der Lernenden untereinander. Unterschätzen Sie die Potentiale der Teilnehmenden nicht, sondern nutzen sie sie! Aktivierung spielt beim Lernen eine wichtige Rolle, schließlich geht es um die Wertschätzung des Lernenden.
  3. Während des Angebotes reicht es oft schon, mit den Teilnehmenden vorhandene Vorurteile und Ansichten anzusprechen, zu sammeln und gemeinsam zu hinterfragen. So können Sorgen, Ängste oder negative Erfahrungen angesprochen und durch neue, lernförderliche Bilder ersetzt werden. Wir empfehlen als Informationsgrundlage einen Blick in die Arbeitshilfe „Wie Bildung im Alter gelingt“ in der ausführlich erläutert wird, warum Lernen auch im hohen Alter noch möglich und notwendig ist. Wenn möglich beziehen Sie gerne auch das Umfeld der Lernenden mit ein, um Partnern, Familienmitgliedern etc. die gleichen Denkanstöße zu geben.
  4. Wichtig ist auch, das Vertrauen in die eigene Lernfähigkeit der Lernenden zu stärken. Das Vorhandensein von Selbstvertrauen wird beim Lernen wirksam: Glaubt man an sich selbst und seine Lernfähigkeit, schafft man bessere Lernvoraussetzungen, als wenn man an sich zweifelt. Das gilt auch für das Lernumfeld. Gegenseitiges Lob und Wertschätzung für die Leistungen und Erfolge sind dabei ein essenzieller Faktor.
  5. Zu guter Letzt hilft es, das Lernen durch positive Gefühle unterstützen: Verbindet man mit dem Lerninhalt etwas Positives, so fällt es viel leichter, sich mit dem entsprechenden Lerngegenstand auseinanderzusetzen (z. B. den Smartphone-Kurs mit der Aussicht darauf, mit den Enkeln zu kommunizieren). Spaß am Lernen ist eine wichtige Komponente für den Erfolg des Lernprozesses und eine gute Grundlage, um auch langfristig am Ball zu bleiben.
  6.  

 

Anregungen für realistische und positive Altersbilder:

Anregungen für ein positives Altersbild gibt es viele:

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat z.B. 2014 in 5. Auflage einen Bildband „Was heißt schon Alt“ herausgebracht, aus dem schön deutlich wird wie „alt sein“ tatsächlich aussieht. 

Einen sehr innovativen Ansatz, der den Zeitgeist trifft, hat sich das StellaVitalis Altenheim in Bottrop überlegt, dass seine Bewohnenden für ein jüngeres Publikum auf der Social Media Seite „TikTok“ zum Star macht!

 

Schauen Sie doch mal rein und lassen sich inspirieren!

Praxisbeispiele

Lernen Sie von den praktischen Erfahrungen anderer und lassen Sie sich inspirieren. Wir zeigen Ihnen verschiedene Beispiele, wie Bildung im Alter gelingt.

Übersicht der Praxisbeispiele - interner Link Öffnet den Link in einem neuem Fenster

 

 

Wussten Sie schon?

Nicht für die Schule, fürs Leben lernen wir! Dieser Satz geht auf den Philosophen Seneca zurück, der vor über zweitausend Jahren lebte. Es ist erstaunlich, dass dieses Thema in den Schulen immer noch brandaktuell ist.

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