Nachricht vom 29. April 2022
Bildungsbeteiligung von Menschen in der zweiten Lebenshälfte
Das Deutsche Zentrum für Altersfragen hat aktuell Befunde aus dem Deutschen Alterssurvey (DEAS) veröffentlicht, die Einblick geben in die Bildungsbeteiligung von Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Betrachtet werden knapp zwei Dimensionen: die berufliche Fort- und Weiterbildung als Bildungsbeteiligung im Rahmen der Erwerbsarbeit und die Teilnahme an Kursen und Vorträgen als Bildungsbeteiligung außerhalb der Erwerbsarbeit.
„Lebenslanges Lernen geht für die Bundesrepublik Deutschland weit über den rein berufsorientierten Gebrauch hinaus und ist auch im nachberuflichen Zeitraum und während des Übergangs vom Beruf in den Ruhestand von individueller und gesellschaftlicher Relevanz“ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2021)
Kernaussagen
- Über die Hälfte der erwerbstätigen Menschen im Alter von 46 bis 65 Jahren hat in den letzten drei Jahren an beruflichen Weiterbildungen teilgenommen.
- Als Hauptzweck der beruflichen Weiterbildung wird die Erweiterung beruflicher Kenntnisse, um zusätzlich Aufgaben übernehmen zu können, angegeben, gefolgt von der Auffrischung veralteter beruflicher Kenntnisse und dem Erlernen des Umgangs mit neuen Techniken wie neuen Maschinen oder Programmen.
- Drei Fünftel der älteren Erwerbstätigen können sich vorstellen, künftig eine berufliche Weiterbildung zu absolvieren. Bei den 46- bis 55-Jährigen ist die Weiterbildungsbereitschaft mit über zwei Dritteln besonders ausgeprägt, aber auch von den 55- 65-Jährigen ist noch knapp die Hälfte hierzu bereit.
- Ein Drittel der Menschen in der zweiten Lebenshälfte gibt an, in ihrer Freizeit Kurse oder Vorträge zur Fort- oder Weiterbildung zu besuchen. In höherem Alter ist der Anteil derjenigen, die Kurse oder Vorträge besuchen, geringer, allerdings machen auch bei den 75- bis 90-Jährigen noch 15 Prozent von dieser Fort- oder Weiterbildungsmöglichkeit Gebrauch.
- Personen im Ruhestandsalter nehmen zwar anteilig seltener an Kursen oder Vorträgen teil als Personen im Erwerbsalter, wenn sie teilnehmen, dann allerdings mit höherer Frequenz.
- Insgesamt gibt es in den letzten Jahren jedoch eine wachsende Teilnahme an Weiterbildungsangeboten in der Freizeit von Personen im Ruhestand (Wiest et al., 2018). Dies spricht für eine steigende Bildungsbereitschaft jenseits des Erwerbslebens.
Kommentar / Fazit
Auch der aktuelle DEAS bestätigt damit erneut, dass Personen im Ruhestandsalter deutlich seltener an Weiterbildungsangeboten in Form von Kursen oder Vorträgen in ihrer Freizeit teilnehmen, allerdings mit Tendenz zu wachsender Bildungsbereitschaft. Für den Bereich der nonformalen und informellen Bildung in Vereinen, im Ehrenamt, unter Freunden, in Museen, auf Reisen, durch Medien kann die Studie hingegen keine Aussagen machen, da dies bisher nicht gefragt wird.
Als Gründe für die geringere formale Bildungsbeteiligung in der nachberuflichen Lebensphase wird zurecht auf die fehlenden Gelegenheitsstrukturen hingewiesen. Auch Schwierigkeiten bei der Inanspruchnahme von digitalen Lernangeboten aufgrund mangelndem Internetzugang und Nutzungskompetenzen sowie die Präferenz von Angeboten in Präsenz wird hervorgehoben.
Nicht zuletzt wird auf die unübersichtliche deutsche Weiterbildungslandschaft hingewiesen, die für lerninteressierte Personen große Herausforderungen bei der Suche nach passenden Angeboten und Finanzierungsmöglichkeiten bedeutet.
„Die Einrichtung einer Nationale Weiterbildungsstrategie (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2021) oder der Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“ des BMFSFJ sind hier Schritte in die richtige Richtung, um die Weiterbildungslandschaft in Deutschland zu vereinfachen und so die Suche nach passenden Angeboten für ältere Personen zu erleichtern.“
Gefordert wird daher vom DZA:
- die Vielfalt von Bildungsangeboten zu erhalten und zu erweitern,
- auf eine gute Passung von Format und Thema des Bildungsangebotes mit den Präferenzen und Kompetenzen von älteren Personen zu achten,
- und die Sicht- und Finanzierbarkeit von Angeboten weiter zu verbessern.
Zum Fact-Sheet
Zum DZA
Das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA) ist ein Bundesforschungsinstitut, das in seinen Studien gesellschaftliche Teilhabe im Lebenslauf thematisiert und dabei insbesondere die zweite Lebenshälfte in den Blick nimmt. Die gewonnenen Erkenntnisse sind die Grundlage für Sozialberichterstattung und Politikberatung. Das DZA wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.
Zum Deutschen Alterssurvey
Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) ist eine bundesweit repräsentative Quer- und Längsschnittbefragung von Personen, die sich in der zweiten Lebenshälfte befinden (d. h. 40 Jahre und älter sind).
Praxisbeispiele
Lernen Sie von den praktischen Erfahrungen anderer und lassen Sie sich inspirieren. Wir zeigen Ihnen verschiedene Beispiele, wie Bildung im Alter gelingt.
Übersicht der Praxisbeispiele - interner Link Öffnet den Link in einem neuem Fenster
Wussten Sie schon?
Nicht für die Schule, fürs Leben lernen wir! Dieser Satz geht auf den Philosophen Seneca zurück, der vor über zweitausend Jahren lebte. Es ist erstaunlich, dass dieses Thema in den Schulen immer noch brandaktuell ist.